
Nun näherte sich unsere Kenia-Safari ihrer letzten Etappe. Eine etwa dreistündige Fahrt von Amboseli nach Ziwani stand uns bevor. Diese führte durch die ärmlichsten Landstriche, die wir während unserer Reise zu sehen bekamen. Hier gab es weder eine ausgebaute Fahrbahn noch eine ordentliche Wasserversorgung. Über eine Schlagloch-Piste fuhren wir entlang der tansanischen Grenze gen Tsavo West Nationalpark.
Bonbons für die armen Kinder

Am Wegesrand waren immer unzählige Menschen unterwegs – entweder mit Viehherden oder Wassereimern. Bis zum nächsten Brunnen schienen es bis zu 20 Kilometer zu sein. Unglaublich, welche Entbehrungen die Bewohner hier auf sich nehmen müssen, nur um zu überleben! Beinahe ausnahmslos alle Kinder am Straßenrand winkten uns zu und freuten sich, wenn wir zurück grüßten. Dies aber immer mit einem gemischten Gefühl, weil uns die Armut der Menschen traf. Shabani hielt immer wieder mal an und verschenkte mitgebrachte Bonbons oder Wasserflaschen, worüber sich die Kinder mehr freuten als mitteleuropäische Kinder über einen ganzen Raum voll Weihnachtsgeschenke. Es tat gut und weh, das zu sehen!
Manche waren aber auch übermütig und wollten Goran und Jelena die Bonbontüte gleich komplett aus der Hand reißen. Insgesamt zeigte sich aber wieder, wie glücklich die Menschen hier über Kleinigkeiten sind, die für uns selbstverständlich sind. Was sind wir missgünstig! Einige junge Erwachsene zeigten uns allerdings auch den ausgestreckten Mittelfinger – was man ihnen im Grunde nicht verübeln kann. Viel mehr will ich über die Zustände dort nicht schreiben, lediglich die Erinnerung wach halten, dass wir viel zufriedener mit dem sein müssen, was wir haben!

Aus der Armut im Rift Valley ins luxuriöse Privatreservat
Ein Kontrast war schließlich die Abfahrt von der so genannten Hauptstraße durch das von mehreren Soldaten bewachte Ziwani-Tor. Vor dem Tor unfassbare Armut, die in Verbindung mit der seit Monaten anhaltenden Dürre existenzbedrohend war. Hinter dem Tor das Privatreservat des ehemaligen kenianischen Präsidenten, auf dem weitläufige, bewässerte landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie eine der größten Popcorn-Fabriken der Welt liegen. Hier gab es keine weiteren Pirschfahrten mehr. Stattdessen war relaxen und genießen angesagt. Das Ziwani Camp befindet sich in privatem Besitz, so dass keine Umzäunung des Geländes nötig ist. Hier dürfen sich Mensch und Tier frei bewegen, was für einen gewissen Nervenkitzel sorgt.

Tiere bewegen sich frei im Camp
Denn das Camp liegt direkt an einem Wasserloch, in dem sich Krokodile und Flusspferde tummeln, die jederzeit ungehindert an Land gehen können. Auch Leoparden, Löwen und Geparde leben in der Gegend, lassen sich aber wohl nur selten rund um das Camp blicken. Dennoch war dies eine abenteuerliche Unterkunft, wo man sich immer wieder umschaute, welches Tier einem wohl gleich über den Weg laufen würde. Nach unserer Ankunft um 10.30 Uhr erkundeten wir das Gelände, machten es uns auf einem Steg am kleinen Stausee gemütlich und schauten den Nilpferden, Affen, Krokodilen, Leguanen und Vögeln zu. Schwimmen durfte man hier aus nahe liegenden Gründen nicht – auch wenn wir uns eine Abkühlung gewünscht hätten. Malerisch war es, das Mittagessen direkt auf der Wiese am Wasserloch einzunehmen. Auch die Zelte waren die luxuriösesten, die wir während unserer Safari hatten.
Ein Bushwalk mit Massai Mike
Am Nachmittag ging es mit Massai Mike auf einen Bushwalk. Im Gegensatz zu den staatlichen Parks, wo das Aussteigen aus dem Jeep strengstens verboten ist, war es hier möglich, unter Begleitung ein Stück in den Busch hineinzulaufen. Mike war ein toller Begleiter, der uns viel über die Natur und Tiere erzählte. Auch über die Traditionen seines Volkes wusste er einiges zu berichten.

Brandings statt Nadeln
So zeigte er uns einen Baum mit spitzen und widerstandsfähigen Nadeln. Diese nutzen die Massai zum Stricken und Sticken – und für das „Mannwerdungs-Ritual“. Damit kratzen sie sich so lange im Gesicht, bis eine tiefe Narbe entsteht – ein Erkennungszeichen seines Volkes. Dies wird allerdings seit wenigen Jahren immer seltener praktiziert. Stattdessen greift man nun auf „Brandings“ zurück, weil es schneller geht und nicht ganz so schmerzhaft ist.
Den Krokodilen und Flusspferden ganz nah
Bewaffnet war Mike traditionell nur mit einem Speer. „Das schickt für Krokodile und Flusspferde“, meinte er trocken. Nur bei Elefanten oder großen Raubtieren könne es eng werden. Aber er könne schnell laufen und nur der Langsamste der Gruppe hätte dann ein Problem. Na prima! Jedenfalls kamen wir während des rund anderthalb-stündigen Spaziergangs bis auf zwei, drei Meter an Krokodile und Flusspferde heran. Diesen Abstand reizte – trotz mehrerer Warnungen – eine unbelehrbare Frau um die 60 aus Deutschland aus. Sie ging immer wieder bis an die Wasserkante, obwohl Mike sagte, man könne fast täglich beobachten, wie Krokodile aus dem Wasser springen und sich Affen, Vögel oder andere Beutetiere greifen. Ihr war das Foto offenbar wichtiger und sie dachte wohl, sie sei im Zoo. Zum Glück ging es gut…
Sorgen wegen umherstreifendem Elefant
Außerdem sahen wir Kraniche auffliegen und von weitem einen Elefant am nächsten versumpften Wasserloch. Die kämen öfters her – wie viele andere Tiere auch, berichtete Mike. Einfach, weil es das einzige Wasserloch in einem großem Umkreis sei. Deshalb könne man auch im Camp immer wieder verschiedene Tiere beobachten. Der Dickhäuter machte ihn aber doch nervös. Elefanten seien extrem gefährlich, wenn sie einmal in Wut gerieten. Und das könne schnell passieren. Deshalb schaute er sich immer wieder nach allen Seiten um und ging manchmal vor, um die Lage zu erkunden.

Sara und Jelena bekamen von ihm noch riesige, verlassene Schneckenhäuser geschenkt, die wir leider aufgrund der Ausfuhr-Bestimmungen nicht mitnehmen durften. Langsam versank schließlich die Sonne am Horizont, als wir ins Camp zurückkehrten. Vor dem Abendessen genossen wir noch den malerischen Sonnenuntergang am Wasser.

Ein paar Drinks am letzten Abend

Das Dinner nahmen wir – nach einem Cocktail an der Bar – wie immer gemeinsam mit unseren Schweizer Freunden ein. Dabei bekamen wir sogar Besuch von einer Horde Pumbas, die sich nicht stören ließen und unbeirrt neben uns grasten. Zum Essen gönnten wir uns noch eine Flasche Wein, da der Abschied von Jelena und Goran bevorstand, was uns schon ein wenig traurig machte. Hernach ging es auf ein Bier zurück an die Bar.
Dort sprachen wir lange mit dem netten Barkeeper. Dieser berichtete uns vom Leben in Kenia, wir erzählten ihm umgekehrt, wie die Dinge in Europa laufen. Dabei stellte sich wenig überraschend heraus, dass es viele Unterschiede gibt. Ein Hauptunterschied liegt in der Zufriedenheit der Menschen. Der Barkeeper meinte, er hätte ein Haus, einen Garten sowie ein paar Rinder und Schafe. „Wofür brauche ich da mehr Geld als das, was ich zur Verfügung habe? Ab und zu gehe ich auf den Markt und kaufe ein bisschen Fleisch oder eine besondere Gemüsesorte, die ich nicht im Garten habe. Den Rest investiere ich in die Ausbildung meiner Töchter“, meinte er. Es geht also nicht um höher-schneller-weiter, sondern um Essentielles.
Was wir auch erfuhren: Ausbildungen müssen bezahlt werden – und das ist für die Menschen in Kenia nicht leicht. Eine Standard-Schulbildung wird bezahlt, darüber hinaus muss man investieren. Wer allerdings eine Ausbildung abschließt, gehört automatisch zu den Privilegierten. Dafür gibt es kaum (Mehrwert)steuern. Was man verdient, bleibt zum Großteil in der eigenen Tasche. Horrende Lohnsteuer und 19 % Mehrwertsteuer sind dort gänzlich unbekannt und sorgen für Staunen! Für Kindergartenplätze würde man nie bezahlen, darum kümmert sich die Großfamilie. Und das waren nur ein paar der Dinge, über die wir sprachen. Sehr interessant! Danach fielen wir – müde von den vielen Erlebnissen der letzten Tage (und dem Alkohol) – ins Bett. Hier kommen noch ein paar Fotos von den goldigen Affen, die zuhauf in der Anlage unterwegs waren. Weiter geht es im nächsten Blog-Eintrag am Diani Beach.