
Knapp 24 Stunden waren wir auf den Beinen, als wir am 9. November 2018 erstmals in unserem Leben afrikanischen Boden betraten. Mitten in der Nacht waren wir nach Brüssel gefahren, um von dort um kurz nach 9 Uhr mit Tuifly abzuheben. Nach neun Stunden erreichten wir Sansibar, wo wir einen kurzen Stopover hatten, ehe wir um 22 Uhr auf dem Moi International Airport in Mombasa einrollten. Dort knallte uns – kaum dass wir aus dem Flugzeug kamen – schwüle Wärme wie eine Wand vor den Kopf. 29 Grad zeigte das Thermometer an. Zur Erinnerung: Im Siegerland hatte das Thermometer noch schmale 3 Grad Celsius ausgewiesen.
Verwirrende Einreise-Modalitäten
Für etwas Verwirrung sorgten die Einreise-Modalitäten. Da wir von Deutschland aus bereits ein Online-Visum beantragt und zugeteilt bekommen hatten, wähnten wir uns in Sicherheit vor weiteren bürokratischen Hürden. Doch weit gefehlt: Es gab grüne und gelbe Kärtchen – von denen jeder Passagier eines auszufüllen hatte. Wir mussten das Grüne ausfüllen – mit exakt den gleichen Angaben, die wir bereits im Online-Visum gemacht hatten. Dafür mussten wir – im Gegensatz zu allen anderen Passagieren – keine Fingerabdrücke abgeben und auch kein Bild machen lassen. Das verstehe, wer will… Insgesamt zog sich das willkürlich wirkende Prozedere noch extremer in die Länge als in den USA – auch, weil wir natürlich gemäß Murphy’s Law an der langsamsten Schlange standen. „Pole, Pole“, lautete hier das Motto. Übersetzt bedeutet das soviel wie „Nur die Ruhe!“.
Geld abheben für Kenia-Dummies
Irgendwann war es aber geschafft und wir durften eine Station vorrücken. Nun galt es, den richtigen Koffer zu erwischen – und diesen anschließend selbständig über ein Laufband durch einen Scanner zu jagen. Dann endlich durften wir nach Kenia einreisen. Als erstes versuchten wir, Geld abzuheben. Natürlich scheiterten wir grandios. 35.000 KSH wollten wir von einem Automaten ziehen. Alles schien zu funktionieren – nur das Geld kam leider nicht. Also sprachen wir einen Flughafen-Mitarbeiter an, der uns erklärte, dieses Gerät funktioniere nur für Kenianer. Er zeigte uns einen anderen ATM, an dem wir erfolgreich Geld abhoben.
Gewimmel auf den Straßen
Nun wollten wir nach dem Taxifahrer suchen, den wir vorab für den Transfer ins Hotel gebucht hatten. Dies stellte sich als einfach heraus. Wir drehten uns um – und erblickten in 15 Metern Entfernung ein Schild mit unserem Nachnamen. Perfekt! So konnten wir all die wartenden Fahrer, die uns ansprachen, schnell abwimmeln. Also schnell das Gepäck ins Auto befördert – und schon ging es los in Richtung Diani Beach.

Auf der rund einstündigen Fahrt prasselten unzählige fremdartige Eindrücke auf uns ein. Es war eine ganz andere, viel lautere, hektischere – aber auch fröhlichere – Welt. In Mombasa waren tausende Menschen auf den Straßen unterwegs. Der Verkehr war völlig verrückt und wirkte chaotisch auf uns. Linksverkehr, einspurig, aber es wurde mindestens zweispurig gefahren. Ständig scherten Autos in den Gegenverkehr aus, so dass andere in den Graben ausweichen mussten. Zwischendrin überquerten Fußgänger die Straße, TukTuks und Motorradtaxis – jeder machte, was er wollte. Und wir (sonst totale Selbstfahrer-Freaks) waren heilfroh, hier nicht selbst fahren zu müssen.
Crashkurs kenianisch
Samuel steuerte seinen Wagen aber absolut zielsicher und ohne erkennbare Nervosität durch die Straßen. Dabei schaffte er es noch, uns einige Brocken kenianisch beizubringen und uns ein wenig die Lebensart seines Volkes zu erklären. In kurzen Worten zusammengefasst: „Hakuna Matata! Pole, Pole! Karibu!“ (Hab Spaß, entspann dich und sei willkommen!) Wie sehr dies der dortigen Lebensart entspricht, sollten wir auch in den nächsten zwei Wochen erfahren. Kenia ist ein extrem gastfreundliches Land – und die Bewohner sind extrem kommunikativ. Jeder winkt, grüßt, spricht dich an. Alle wirken gut gelaunt, obwohl sie so wenig haben. Ein krasser Gegensatz zu uns Mitteleuropäern!
Der Glaube spielt eine wichtige Rolle
Ein weiterer Gegensatz ist die tiefe Gläubigkeit der Kenianer. Als wir ihn fragten, was all die Menschen auf der Straße tun, erklärte uns Samuel, die Leute wären mehrheitlich auf dem Weg in die Kirchen. Sicher, viele machten auch Party und gerade in den Städten herrsche ein nicht zu unterschätzendes Drogenproblem. Aber es sei üblich, freitags die ganze Nacht hindurch Gottesdienst zu feiern, zu tanzen, zu singen und den Herrn zu preisen. Er selbst wolle, nachdem er uns abgesetzt habe, gegen 1 Uhr nachts auch noch in seine Kirche (die er uns noch voller Stolz zeigte). Dort werde er dann bis 5 oder 6 Uhr morgens gemeinsam mit circa 500 anderen Gläubigen singen und tanzen. Wahnsinn!
Christen vs. Moslems? „No reason to fight!“
Er kam auch auf die religiösen Unterschiede an Kenias Küste zu sprechen. Hier lebten 17 Prozent Muslime und auch viele Hindus. Doch es gebe keine Streitigkeiten bezüglich der Religion. „Wir leben friedlich miteinander“, sagte er. Jeder habe seinen Glauben – „there’s no reason to fight about that!“. Wenn man das doch überall auf der Welt so sehen könnte…
Dennoch – auch in Kenia hat es in der jüngeren Vergangenheit große Unruhen gegeben. Bei den Wahlen 2017 sei die Stimmung extrem angespannt gewesen und die Opposition habe gekämpft. Doch seit den Wahlen sei wieder Ruhe eingekehrt – auch, weil der Oppositionsführer vom Präsidenten in die Regierung geholt worden sei. So sei wieder Frieden möglich gewesen. Auch hieran könnten sich viele andere Nationen ein Beispiel nehmen.

Mit der Likoni-Fähre in die triste Vorstadt
Spannend war auch die Fahrt mit der Likoni-Fähre. Hier drängten sich unzählige Autos und Fußgänger. Viele von ihnen kannten sich offenbar und auch unser Fahrer schien kein Fremder zu sein – und das in einer 2-Millionen-Metropole. Für uns sah das Teil total überladen aus, Samuel aber meinte, es sei doch recht wenig los. Morgens wäre viel mehr Chaos! Nun denn… Danach fuhren wir durch die Vorstädte Mombasas, die auf uns nicht sonderlich sicher wirkten, in Richtung Ukunda. Wobei Samuel sagte, hier könne man toll feiern: „Good clubs, good restaurants, nice music.“
Nachdem wir das Mombasa County verlassen hatten, ging es im Kwale County mehrheitlich durch einsame Abschnitte. Oftmals säumten kleine Häuser und Wellblechhütten die Straßen. Und immer wieder sah man hell erleuchtete Gebäude, aus denen Gesang schallte. Kirchen – sagte Samuel. Diese Bauwerke sahen übrigens sehr viel besser aus, als die Wohnhäuser der Menschen. Offenbar ist ihnen Gott mehr wert als ihr eigenes Wohlbefinden. Und wieder: Chapeau! Auf den letzten Metern zeigte uns Samuel noch, wo Supermärkte, Krankenhaus, Einkaufszentrum und andere wichtige Orientierungspunkte liegen.

Ankunft im Hotel
Dann endlich kamen wir im von Askaris gut bewachten Hotel, dem Jacaranda Indian Ocean Beach Resort, an. Mangels kleinerer Geldscheine erhielt nicht nur Samuel 1.000 KSH Trinkgeld von uns, sondern auch der Kofferträger, der uns in Empfang nahm, als auch der Rezeptionist, der unsere Koffer ins Zimmer brachte und uns den Weg zeigte. Die dürften sich ziemlich gefreut haben über diesen Stundenlohn! Nach einer flotten Dusche fielen wir gleich todmüde ins Bett.

Der erste Tag im Indian Ocean Beach Resort

Am Vorabend hatten wir uns noch den Wecker auf 9 Uhr gestellt, um das Frühstück nicht zu verschlafen. Denn wir hatten während der langen Reise ja nur die Bordverpflegung im Flugzeug zu uns genommen – was jetzt nicht soooo der Knaller war. Im Vergleich war das Frühstücksbuffet im Jacaranda Indian Ocean Beach Resort wirklich toll.
Erstkontakt mit den nervigen Beachboys
Nachdem wir uns satt gegessen hatten, zog es uns an den Strand. Leider kamen wir nicht bis zum Meer. Sofort sprachen uns Beachboys an und wollten Geschäfte mit uns machen. Wie Samuel uns schon in der letzten Nacht gesagt hatte, waren alle sehr nett und wirkten keinesfalls gefährlich oder bedrohlich. Trotzdem war es ziemlich nervig. Zwei sprachen mich an, drei andere scharten sich um Sara und gaben alles, uns zu einem Verkauf zu bewegen. „Wir haben nichts, wir müssen unsere Frauen und Kinder ernähren“, sagten sie. Zuletzt waren sie dann sehr ehrlich zu uns: „Wenn ihr etwas kauft, lassen wir euch in Ruhe. Dann könnt ihr euren Urlaub genießen. Solange ihr nichts kauft, werden wir euch ständig verfolgen und ansprechen. Dann wird es kaum möglich sein, am Strand zu entspannen oder spazieren zu gehen.“ Gut, dann wissen wir ja, was uns erwartet… Wir sagten dennoch, wir hätten gerade kein Geld dabei und wollten später etwas kaufen. Weil sie immer weiter auf uns einredeten, verließen wir den Strand und gingen auf das Hotelgelände zurück – schwankend zwischen Verstehen und Genervtsein.

Mit dem TukTuk nach Ukunda

Kurzerhand beschlossen wir – nach einem kleinen „Duckelchen“ von Sara – mit einem TukTuk in die Ortschaft zu fahren, um Getränke einzukaufen. Nach einem Plausch mit den extrem netten Askari am Eingang, die stolz einige Worte auf deutsch mit uns wechselten, ging es los. Unsere erste TukTuk-Fahrt. Der Fahrer war extrem nett und zeigte uns, wo wir am besten einkaufen konnten. Auch wartete er vor Ort auf uns, um uns sicher zurück ins Hotel zu bringen. Allerdings zahlten wir ihm mit 500 KSH einen viel zu hohen Preis. Naja, was soll’s? So oft wollten wir diese Fahrt ja nicht mehr machen…
Interessant war sie aber dennoch, weil wir nochmals einen anderen Eindruck vom Leben der Kenianer ergatterten. Auf der anderen Straßenseite von den Hotels standen ärmliche Behausungen, vor denen unzählige Einheimische saßen und ihre Handwerkskunst ausstellten – in der Hoffnung auf ein paar Verkaufserlöse. Es war wirklich schwierig, sich damit anzufreunden, dass die Menschen hier in uns Europäern halbe Millionäre sehen. Entsprechend wird man ständig angesprochen, weil die Leute Geschäfte machen wollen. Und am liebsten würde man ja jeden einzelnen unterstützen. So reich sind wir aber leider doch wieder nicht… Gefühlsmäßig ein extrem krasses Spannungsfeld. Immer wieder fragten wir uns auch im Hotel: Müssen wir jetzt Trinkgeld geben? Leider hatten wir nach wie vor nur 1.000 KSH-Scheine – was ein etwas zu hohes Trinkgeld gewesen wäre…

Besprechung der Safari
Zurück im Hotel stand noch die Besprechung mit unserer Safari-Anbieterin Kerstin von African Beach and Baba an. Geplant waren vier Tage im Tsavo Ost, Amboseli und Tsavo West Nationalpark. Unsere Erlebnisse dort könnt ihr – ebenso wie den Bericht zum letzten Abschnitt der Reise – in den verlinkten Blog-Einträgen nachlesen. Den größten Teil des Nachmittags verbrachten wir anschließend auf der Terrasse unseres Bungalows. Wir lasen, verfolgten den 8:1-Sieg des 1. FC Köln gegen Dresden am Live-Ticker und fotografierten die Anlage sowie ein paar farbenprächtige Eidechsen.
Ein erster Sprung ins Meer
Am späten Nachmittag tranken wir eine Tasse Kaffee am Pool und beschlossen dann, uns das Hotelgelände anzuschauen. So gelangten wir zur Dhow Bar, einem zur Strandbar umgebauten traditionellen Segelschiff. Dort war es sehr schön – und wir realisierten, dass die Flut eingesetzt hatte. Die Beachboys hatten sich zurückgezogen, so dass wir die Chance nutzten, einen ersten Sprung in den Indischen Ozean zu wagen. Selbst Sara hatte keinerlei Probleme, in das 27 Grad warme Wasser zu kommen. Die Wellen brandeten heftig an, so dass wir viel Spaß hatten. Schön, dass wir das Meer doch noch genießen konnten, ohne belästigt zu werden…

Affige Keksdiebe
Nach einer kurzen Dusche setzten wir uns nochmals auf die Terrasse. Dort erhielten wir Besuch von einem Affen, der eine Packung Kekse gestohlen hatte und diese nun im Baum über uns verputzte. Es dauerte nicht lange, bis wir eine ganze Affenkolonie vor der Tür hatten. Erst freuten wir uns noch darüber und fotografierten die kleinen Kerlchen, doch irgendwann wurden die Tiere doch sehr aufdringlich und saßen uns quasi auf dem Schoß. Also räumten wir das Feld und zogen uns nach drinnen zurück, um Bilder zu sichten und uns für das Abendessen fertig zu machen. Nach dem Dinner ging es dann prompt ins Bett. Die lange Reise steckte uns doch noch in den Knochen.
Gescheiterte Verhandlungen mit den Beachboys
Heute ging es direkt nach dem Frühstück an den Strand. Dort verbrachten wir den kompletten Vormittag und Teile des Nachmittags mit Lesen und Dösen am traumhaften Indischen Ozean. Wieder patrouillierten die Beachboys auf und ab. Sie stürzten sich – bis auf wenige Ausnahmen – auf jeden Urlauber. Vermutlich waren einige darunter, die bereits etwas gekauft hatten oder zum wiederholten Male hier urlaubten.
100 € für ein Holzschild?!?
Als offensichtlich keiner der Strandverkäufer zu sehen war, nutzte ich die Gelegenheit für einen Ausfall. Dies gelang auch und ich durfte einige Minuten im Meer schwimmen. Doch plötzlich waren sie wieder da und strebten zu zweit auf die Stelle zu, an der ich das Wasser wieder verlassen wollte. Es entwickelte sich ein Wettrennen – und die Beachboys waren schneller. Wieder wurde ich in ein Gespräch verwickelt. Da wir ohnehin beschlossen hatten, etwas zu kaufen, willigte ich ein, holte Sara und wir gingen zum Shop. 100 € forderten die Händler für ein kleines Holzschild, wir wollten mit zehn Euro in die Verhandlungen einsteigen. Da reagierten sie beleidigt und so wurden wir uns nicht einig.

Pool statt Traumstrand
Daher wagten wir es an diesem Tag nicht noch einmal an den Strand zu gehen. Stattdessen schwammen wir eine Runde im Pool, absolvierten eine kurze Fotosession und relaxten. Doch irgendwie war mir die Stimmung ein wenig verhagelt worden. Man fühlte sich nicht frei, sondern ständig unter Beobachtung. Sobald jemand den Strand betrat, kamen die Verkäufer, umlagerten ihre „Opfer“, trennten dabei Gruppen und Pärchen.
Dies verdeutlichte noch einmal das Spannungsfeld: Man mietet sich in ein Hotel ein, auf dessen Gelände europäische Standards herrschen, doch sowohl am Strand davor als auch hinter dem Haus an der Straße leben die Menschen ein anderes Leben, sind verstrickt in einen Kampf ums Überleben. Da fällt es schwer, den Urlaub unbeschwert zu genießen. Man ist hin- und hergerissen zwischen Helfen-Wollen und Sich-Nicht-Erpressen-Lassen-Wollen.
