Von Fort Pierce aus ging es nach dem Frühstück erneut gegen 8 Uhr los. Vor uns lag eine Tages-Fahrzeit von viereinhalb Stunden mit Ziel Jekyll Island. Das bedeutete auch, dass wir nun Florida erst einmal den Rücken kehren und in die klassischen Südstaaten fahren würden. Doch bis dahin sollte es noch ein wenig dauern, denn Sara hatte beim Frühstück das Merritt Island National Wildlife Refuge (10 $) entdeckt. Direkt neben dem Kennedy Space Center bei Cape Canaveral gelegen, beherbergt das Areal zahlreiche Wildtiere, darunter Luchse, Waschbären, Alligatoren und jede Menge Vogelarten. Bei unseren Recherchen im Vorfeld der Reise hatten wir überhaupt nichts darüber gelesen, aber manchmal sind die spontanen Ideen ja besser als jede Planung. So war es auch diesmal.
Am Visitor Center holten wir Informationen ein und entschieden uns dafür, zunächst den kurzen Hike direkt nebenan zu bestreiten. Hier begegnete uns in der Dschungel-artigen Landschaft eine Indigo Snake, die größte einheimische Schlange Nordamerikas. Die invasive Königspython zählt hier nicht mit, da sie eingeschleppt wurde.
Danach ging es auf den mehrere Meilen langen Wildlife-Drive , um einen Überblick über das Areal zu gewinnen. Die Rundfahrt erinnerte ein wenig an unsere Safari in Kenia – wenn auch in kleinerem Maßstab. Aber wir sahen einige Alligatoren, konnten immer wieder anhalten und einige Schritte an Wasserlöchern entlanggehen und viel fotografieren. Besonders für Ornithologen ist der Südosten der USA ein Paradies. Die letzte Etappe führte uns zu einem Kanal, in dem offenbar einige Manatees (Seekühe) leben. Da diese Stelle ohnehin auf unserem Weg lag, hielten wir kurz an – und sahen tatsächlich ganz kurz ein Manatee auftauchen. Danach ließ sich aber kein weiteres Exemplar mehr blicken, was aber nicht schlimm war. Denn wir würden ja ohnehin in einigen Tagen noch mit Manatees schnorcheln gehen.
Nachdem wir dem Wildlife Refuge den Rücken gekehrt hatten, aßen wir eine Kleinigkeit bei unserer Lieblings-Fast-Food-Kette Chicken fil a (14 $) nahe Smyrna Beach, der Welthauptstadt der Haiangriffe, und tankten voll (22 $). Kurz darauf überquerten wir die Grenze nach Georgia. Danach war es nicht mehr weit bis Jekyll Island. An der Brücke zahlten wir unsere 8 $ Parkgebühren (man kann auch Maut dazu sagen) und fuhren auf die Insel, die zu den „Golden Isles“ gehört. Im 19. Jahrhundert ließen sich hier Millionäre wie William Rockefeller, John Morgan und Richard Teller Cran nieder und verhalfen der Insel zu einem großen finanziellen Aufschwung. Wir spürten hier erstmals den klassischen Charme der Südstaaten. Wenige Meter nachdem wir die Brücke hinter uns gelassen hatten, gelangten wir in einen Park (Navi: Old Plantation Road), in dem wunderschöne, uralte und mit Spanish Moss bedeckte Eichen stehen. So stellt man sich den Südosten vor! Sofort tauchen Bilder von Filmen wie „Fackeln im Sturm“ oder „Roots“ im Kopf auf. Wir laufen ein wenig umher, schießen ein paar Bilder und fahren kurz zum einchecken ins direkt am Strand gelegene Days Inn & Suites Jekyll Island (96 €). Der freundliche Mann an der Rezeption empfiehlt uns, umgehend zum Driftwood Beach aufzubrechen, um dort den Sonnenuntergang zu erleben. Hätten wir eh gemacht, kann aber nicht schaden, den Tipp von einem Einheimischen bestätigt zu bekommen.
Rechtzeitig vor dem einsetzenden Sonnenuntergang kommen wir am Driftwood Beach an. Vorsicht: Wir sind einmal vorbeigefahren, weil der Strand nicht wirklich beschildert ist. Vom Parkplatz aus sind es nur gut 100 Meter – und wir haben Glück: Außer uns ist nur eine Großfamilie dort, sodass wir einige schöne Fotos machen können.
Da es kalt ist, fahren wir bald weiter zum Restaurant „The Wharf“. Die Lage ist der Hammer! Ihr könnt kostenlos im weiter oben beschriebenen Eichenpark parken (coole Formulierung) und von dort die restlichen Meter laufen. Dass Restaurant mit großer Außenterasse liegt auf einem Pier direkt über dem Meer. Mehr geht nicht – und der Service passt sich dem nahtlos an. Für uns war ein junger, Mitte 20 Jahre alter Schwarzer verantwortlich, der beste Laune hatte und sich immer wieder nett mit uns unterhielt. Außerdem gab es hier – auf seine Empfehlung – das beste Bier der Reise: Patagonia Lager aus Argentinien. Zudem schmeckte das Essen – egal ob mein Fisch oder Saras Salat und Fried Pickles – bestens. Da waren die 65 $ sehr gut angelegt! Gut gesättigt ging es hernach ins Hotelzimmer.
Am nächsten Morgen machten wir uns nicht ganz so früh auf den Weg, hatten wir doch diesmal keine so lange Strecke vor uns und nur Savannah auf der To-Do-Liste stehen. Nach dem Frühstück nutzte ich trotz starker Bewölkung und nur 16 Grad die Chance, noch kurz an den Strand zu gehen. Dort schaute ich den Möwen, Strandläufern und weiteren Vögeln zu und spazierte ein wenig durch die Dünen. Gegen 9.30 Uhr ging es dann los – natürlich nicht ohne Trinkgeld auf dem Kopfkissen zurückzulassen. Wir entschieden uns dagegen, noch einen Stopp beim Adlerhorst einzulegen, der sich auf der Insel befindet, oder das Sea Turtle Center mitzunehmen.
Stattdessen rückten wir gleich vor zur Wormsloe Plantation, der vielleicht schönsten Eichenallee überhaupt. Diese befindet sich wenige Meilen südlich von Savannah und rund anderthalb Stunden entfernt von Jekyll Island. Dort besteht die Möglichkeit, sich gegen ein Eintrittsgeld in Ruhe umzusehen und auch die Häuser zu besichtigen, wovon wir aber keinen Gebrauch machten.
Unser nächstes Ziel war der Bonaventure Cemetery am östlichen Stadtrand von Savannah. Der knapp 0,7 km² große Friedhof liegt malerisch am Wilmington River. Berühmt wurde er durch den Film „Mitternacht im Garten von Gut und Böse“ (Clint Eastwood). Man darf ihn kostenlos betreten. Sehenswert sind viele Grabmale sowie die allgegenwärtigen bemoosten Eichen. Außerdem kann man an einem PC am Eingang nach Namen suchen. Wir stellten fest, dass hier sogar Ginsbergs und Edelmans bestattet sind. Auf die Suche machten wir uns wegen einer großen Mückenplage aber nicht mehr.
Wir tankten (18,50 $), kauften zwei eiskalte Cokes (4,50 $) und begaben uns ins Stadtzentrum. In einem zentrumsnahen Parkhaus kamen wir für eine Tagesgebühr von 5 $ unter. Danach gingen wir zum Forsyth Park mit dem weltberühmten Brunnen. Hier wurden auch Szenen des Films „Forrest Gump“ gedreht. Danach ließen wir eine Weile ziellos durch die Squares und Stadtparks treiben und schauten uns die Häuser aus der Bürgerkriegszeit an. Schließlich steuerten wir den Rivers Walk und Factors Walk an. Dort befinden sich viele Geschäfte, Stände und Cafés. Allerdings stellten wir erneut fest, dass dies nicht unsere Welt ist. Leicht genervt, weil unsere App „maps.me“ das „Pirate’s House“ nicht anzeigte und wir zunehmend Hunger bekamen, gingen wir zur Tourist Information. Dort ließen wir uns den Weg beschreiben.
Nach einem kurzen Stopp am African American Monument verzichteten wir auf eine kostenlose Bootstour mit der Fähre und liefen sofort zum „Pirate’s House“. Das Restaurant blickt auf eine lange Geshichte zurück. 1734 erbaut, ist es das älteste Gebäude im Bundesstaat Georgia. Klar, dass es hier recht touristisch zugeht. Wir mussten eine gute halbe Stunde auf unseren Tisch warten, da wir nicht vorbestellt hatten. Die Preise jedoch waren in Ordnung: 46 $ zahlten wir für Burger, Pommes und zwei Getränke – inklusive der obligatorischen 20 % Trinkgeld. Für einen solch geschichtsträchtigen Ort kann man dazu nichts sagen. Auf dem Rückweg zum Auto gönnten wir uns noch ein Eis bei Ben & Jerry’s. Danach ging es zum Best Western Central Inn (60 $). Dieses liegt – anders als der Name vermuten lässt – ein wenig außerhalb und zudem nicht in der besten Wohngegend. Das merkte man sofort – und das sah man auch den Leuten an, die morgens am Frühstückstisch saßen. Für eine Nacht und diesen Preis war es aber absolut okay.
Tags darauf waren wir sehr gespannt, wie Charleston im Vergleich mit Savannah abschneiden würde. Denn die einstige Hauptstadt der Sklavenhändler hatte uns nicht wirklich umgehauen! Aber es konnte ja nur gut werden, stand doch heute Saras Highlight auf dem Programm: die Boone Halle Plantation (48 $). Hier wurde u.a. „Fackeln im Sturm“ gedreht. Wir wandelten also auf den Spuren von Orry Maine. Bis es soweit war, hatten wir allerdings noch eine gut dreistündige Autofahrt samt Überquerung der Grenze zu South Carolina vor uns. Schließlich aber fuhren wir über eine schier endlose Zufahrt samt Eichenallee auf das Haus der Maines zu. Hier gab es einiges zu sehen: die originalen Sklavenhütten, ein Bootshaus, ein Herrenhaus samt prächtigem Garten, ausgedehnte Felder, ein Reitstall, Vorführungen und viele Informationen auf Schautafeln und in multimedialer Art und Weise. Der Besuch lohnte sich allemal – besonders die Hausführung samt tollen Einblicken in die Geschichte des Anwesens und der Sklavenzeit. Ein besonderes Erlebnis war, dass uns ein Fernsehteam von Fox News ansprach, ob sie uns filmen dürften, wie wir uns den Steg beim Bootshaus anschauen und Bilder machen.
Danach hatten wir mehrere Optionen: den Patriot’s Point mit dem Flugzeugträger USS Yorktown, Fort Sumter, dem eine herausragende Bedeutung im Bürgerkrieg zukam, die Magnolia Plantation, Sullivan’s Island – oder das Stadtzentrum. Wir entschieden uns für die letzte Option. Für 4 $ fanden wir einen Parkplatz, nachdem wir uns bei Chicken Fil A (19 $) gestärkt hatten. Im Zentrum steuerten wir die bunten Häuser der Rainbow Row, die Pineapple Fountain im Waterfront Park, den Old Slave Mart und den Historic Charleston Market an. Wo früher Sklaven gehandelt wurden, befindet sich heute ein großer Markt mit allen möglichen Waren – von Kulinarischem über Kleidung bis hin zu Handgemachtem und Souvenirs. Für Sara besonders war der Abstecher zum Calhoun Mansion, dem filmischen Haus von George Hazard (Fackeln im Sturm). Schließlich ging es zum Best Western Patriots Point (60 €). Unser Eindruck von Charleston war insgesamt sehr viel positiver als von Savannah. Es ist gepflegter, hat mehr Highlights zu bieten und ist fußläufig noch besser zu bewältigen als die Konkurrenz aus Georgia. Vom Hotel aus liefen wir noch zu einem coolen Restaurant namens Sticky Fingers Ribhouse-BBQ, wo wir zwei Bierchen schlürften, Southern Rock hörten und Rippchen aßen (68 $). So soll es sein!
Am nächsten Morgen machten wir uns wieder etwas früher auf den Weg als an den zurückliegenden Tagen, denn es lag die längste Etappe der Reise vor uns. Ziel war das 602 km entfernte Crystal River im Sunshine State. Etwa in der Mitte der Strecke legten an der Grenze zwischen Georgia und Florida wir einen Zwischenstopp im Okefenokee Swamp ein. In Folkston, am Rande des Sumpfes, tankten wir für 22 $ und kehrten im Countryside Fish & Chicken ein. Hier waren zwei sehr nette Mädels an der Theke, die uns ein israelisches Gericht empfahlen. Wir schlugen zu – und bereuten es nicht. Gut gestärkt (für nur 20 $) fuhren wir in das Okefenokee National Wildlife Refuge (5 $) – nicht zu verwechseln mit dem beinahe gleichnamigen Zoo/Vergnügungspark um die Ecke.
Es war schade, dass wir nicht mehr Zeit hatten. Sonst hätte es sich mit Sicherheit gelohnt, eine Tagestour mit dem Kanu zu unternehmen, um die endlose Weite der Sumpflandschaft zu erkunden. So blieb uns nur das Auto, mit dem wir nicht über den Rand hinauskamen. An mehreren Stellen entlang des befahrbaren Wildlife Drive hielten wir an und gingen ein Stück zu Fuß. Leider bekamen wir weder Bären noch Luchse, Hirsche oder sonstige Wildtiere zu Gesicht – abgesehen von einigen Vögeln und Alligatoren. Dennoch war es ein schöner, authentischer und vor allem nicht überlaufener Zwischenstopp.
Nach gut zwei Stunden hieß es aber wieder aufzubrechen. Im nördlichen Florida wunderten wir uns über die Landschaft, die doch sehr an den Westerwald erinnerte: viel Landwirtschaft, sanfte Hügel, Wald und Felder. Nach der Ankunft in Crystal River kauften wir für 25 $ im Supermarkt ein und gingen zum Abschluss noch etwas in einer typisch amerikanischen Bilderbuchkneipe essen. Auf zig Fernsehern lief im „Bubba Que’s“ American Football und wir zahlten für ein Barbeque 52 $. Allzu lange blieben wir nicht mehr wach, denn am nächsten Morgen sollte es um 5 Uhr aus den Federn gehen. Dann stand das Schnorcheln mit Manatees auf dem Programm.
Noch ein Wort zum Hotel: Das Retreat at Crystal Manatee (95 €) war ein traumhaftes Motel in zentraler Lage. Von außen hätten wir nie erwartet, so ein toll ausgestattetes, modernes Motel mit Regendusche, Küchenzeile, zwei riesengroßen Doppelbetten usw. zu bekommen. Und auch wenn es eigentlich kein Frühstück geben sollte, standen am Morgen nach dem Manatee-Erlebnis einige kostenlose Leckereien für uns bereit. Alle Daumen hoch!